Tangka, eine originelle im Himalaya entstandene buddhistische Kunst

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Geschichte

Diese außergewöhnliche Bildkunst entstand in Nepal im 7. Jahrhundert unter dem Namen „Paubha“, als die Hindus den Mahayana-Buddhismus einführten.

Sie befasste sich mit den kulturellen, künstlerischen und spirituellen Traditionen des Buddhismus und Hinduismus.

Um die Nachfrage der Tempel und Neubekehrten zu erfüllen, erwarben Mönche und Händler buddhistische Skulpturen. Doch aufgrund der wachsenden Nachfrage nach Ikonen, führten nepalesische Künstler eine neue Art von Stoffbildern ein, die durch ihre einfache und vielfältige Einsatzfähigkeit den Buddhismus schnell in andere Regionen tragen konnten.

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Einflüsse

Der kulturelle, künstlerische und spirituelle Austausch wurde von den Mönchen und Gelehrten vermittelt, die von Indien nach Tibet, später dann nach China, über das Kathmandu-Tal in den Klöstern der Städte Patan oder Bhaktapur Halt machten.

Eine Vielzahl von friedlichen oder zornvollen Gottheiten bevölkerten das tibetisch-buddhistische Pantheon. Buddhas in Meditation, Bodhisattvas oder erschreckende Schutzgottheiten indischer, buddhistischer oder tibetischer Herkunft wurden aufgerufen, um über die Gesundheit oder die Ernten zu wachen. In den Klöstern standen diese Gottheiten im Mittelpunkt komplexer tantrischer Riten.

Nach und nach verschmolzen diese vielfältigen Einflüsse und ergaben eine originelle Bilddarstellung.

Entwicklung

Es gab zwei Arten von "Paubha": die Palas, die Gottheiten darstellten, und die Mandalas waren komplexe Diagramme, die mit zahlreichenreichlich Symbolen und Farben gemalt wurden. Im 15. Jahrhundert wurden "Paubha" in Thangka (gemalte Schriftrolle) umbenannt, als sich diese Kunst in Tibet und im Bhutan entwickelte.

Die ersten Thangkas waren in ihrer Zusammensetzung einfach und stellten eine imposante Gottheit dar, die von kleinen Figuren von geringerer Bedeutung umgeben waren.

Ab dem fünfzehnten Jahrhundert erschienen leuchtende und kräftigere Farben. Aufgrund der wachsenden Bedeutung der tantrischen Anbetung, die Gedanken der esoterischen Macht mit einer starken Betonung des weiblichen Wesens und der Sexualität verkörperte, wurden Darstellungen von Shiva, Shakti, Mahakala, Manjushri in konventionellen Posen gemalt.

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Vielfalt

Tibetische Tangkas können in zwei Gruppen eingeteilt werden: „Bris-ban“ sind gemalte Tangkas und „Gos-Tan“ bestickte oder gewebte.

Auch kann man sie in weitere Untergruppen teilen, je nach der goldenen, schwarzen oder roten Hintergrundsfarbe oder anderen Farben.

Auch haben sich mit der Zeit viele regionale Stile und Techniken oder Gemeinsamkeiten herausgebildet, besonders unter den Gurung- und Tamang-ethnischen Gruppen in dem nordöstlichen Vorgebirge des Himalaya und im Mustang.

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Anfertigung

Der Künstler hat wenig Gestaltungsfreiheit, weil er die vorgegebenen Regeln folgen muss, wobei er den Inhalt, die Farbe, die Proportionen und die Zusammensetzung des Themas berücksichtigen muss. Dies ist einer der Gründe, warum Tanghkas selten unterzeichnet werden; ein weiterer Grund ist, dass der fromme Buddhist versucht, sein Ego loszuwerden, so dass das unterzeichnete Gemälde als ein egozentrischer Akt wahrgenommen wird. Es gibt jedoch immer wieder Ausnahmen.

Vor jedem Projekt muss der Künstler die endgültige Farbenanordnung visualisieren, die in der Skizze in Kurzform vermerkt wird.

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Vorbereitung und Zeichnung

Die Vorbereitung der Leinwand ist extrem wichtig, da sie immer wieder gerollt und entrollt wird. Der Kattun ist an einem Holzrahmen mittels sich schneidender Schnüre befestigt.

Vor der Bemalung wird die Leinwand mit einer dünnen Mischung, bestehend aus Leim und Zinkoxid, auf die Vorder- und Rückseite des Gewebes aufgetragen. Danach wird das Gewebe mit einem Halbedelstein so glatt geschliffen, das das Gewebe glänzend aussieht.

Der Künstler zeichnet dann eine senkrechte Mittellinie, zwei diagonale Linien, eine horizontale, sowie die vier äußeren Kanten und skizziert mit Kohle die Gottheit nach kanonischen Proportionen. Die Gottheit wird immer im Zentrum dargestellt, die sekundären Gottheiten sind kleiner, um die Majestät der Hauptfigur hervorzuheben.

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Farben

Sämtliche Farbstoffe stammen von natürlichen Mineralien, die mit einer Lösung aus Gras und Yakkleber gemischt werden, um die fünf Grundfarben der buddhistischen Malerei zu erhalten.

Jede Farbe hat eine symbolische Bedeutung. Das strahlende Weiß erinnert an Reinheit, Grün an Gleichgewicht und Harmonie, Rot an Weisheit und Würde, aber auch Zerstörung, Gelb an Demut und Entsagung. Blau steht für Heilung, Ruhe und Reinheit.

Der Künstler beginnt immer mit den am weitesten von ihm entfernten Teilen und endet mit den näher stehenden. Nach dem Auftragen der ersten Farbschichten folgen dünnere und verdünnte Farbstoffe.

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Schattierungen und Umrisse

In diesen heiligen Gemälden gibt es weder Perspektiv-, noch Schatten- und Lichteffekte. Der Schatten kann jedoch nach unten angewendet werden, um Volumen- und Dimensionseffekte an Figuren und dekorativen Elementen hinzuzufügen. Manchmal verschmelzen sogar die große Flachheit des Vordergrunds mit der des Horizonts.

Der Unterschied liegt in der Präzision der Pinselstriche, das heisst der Künstler markiert die Konturen mehr oder weniger fein, um die Objekte des Hintergrundes hervorzuheben, die farbigen Unterteilungen abzugrenzen oder wichtige Elemente zu unterstreichen.

Gesichtszusammensetzung

Die Gesichter werden an einem günstigen Vollmondtag gemalt, nachdem ein Ritual im Geist des Friedens vorgetragen wurde.

Zum Schluss werden die Gesichter und Augen der Gottheiten gemalt. Dabei malt der Künstler die Augen in schnellen Linien. Bei den Augen, wird das Weiß wird mit Orange aufgeweicht und die Augenecken mit Rot; der Rand der Augenlider wird verdunkelt und die Iris wird hinzugefügt. Die zwei häufigsten Augenarten sind kornförmige und mandelförmige Augen. Der Blick der zornvollen Gottheiten soll heftig sein.

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Endarbeiten

Die Goldauflagen werden mit einem Onyx-Werkzeug poliert, die Lederschnüren geschnitten und die Leinwand auf Seide oder Brokat genäht. Manchmal wird ein sehr leichter und transparenter Seidenschleier wie ein Vorhang über die Leinwand gespannt.

An der Ober- und Unterseite des Gewebes werden dünne Stäbe aus lackiertem Holz angebracht, so dass die Thangka leicht gerollt oder aufgehängt werden kann.

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Verschlechterungen

Gemäß dem Mondzyklus werden Thangkas aus ihren Schutzhüllen ausgepackt, entrollt und aufgehängt, manchmal an feuchten und rauchigen Orten, und dann wieder gerollt.

Auch werden Thangkas oft in versiegelten Blechkisten gelagert um sie vor Nagetieren zu schützen. Da sie dadurch nicht genug gelüftet werden, sind ältere Thangkas oft beschädigt und die Farben verändern sich.

Desweiteren können die Originalfarben durch den fettigen Ruß der Butterlampen und den Räucherrauch beschädigt worden sein, und so mit den von der Seide geschützten Kanten kontrastieren.

Häufig sind mehrere Farbschichten durch Wasserschaden abgelöst worden (der Yak-Leim ist besonders feuchtigkeitsempfindlich), wodurch die darunter liegenden Farben sichtbar werden, die der Künstler eigentlich nicht zeigen wollte.

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Restaurierung

Die Restaurierung ist eine lange, aufwändige und heikle Arbeit, da die ikonographische und religiöse Botschaften respektiert werden müssen, sowie die Symbolik der Farben. Darüber hinaus muss der Restaurator darauf achten, die Anmerkungen zu den Farben nicht mit dem ikonografischen Schriftzug der Szenen und Abbildungen zu verwechseln.